Walter'sche Kinderheimstiftung

Das Bauwerk geht in seiner Substanz, einem steinernen Keller- und Erdgeschoss, sicherlich in das 16. Jahrhundert zurück, wobei der Fachwerkaufbau und der Dachstuhl in die Mitte des 18. Jahrhunderts zu datieren sind.

Am 6. Juni 1905 stiftete der New Yorker Handelsmann Emanuel Walter während eines Aufenthaltes in Frankfurt am Main das Anwesen seiner Eltern, Nathan und Rosa Walter, der Gemeinde Reckendorf „zum Zwecke der Gründung eines Kinderheimes für alle Kinder des Ortes zwischen drei und sechs Jahren, gleich welcher Konfession“. Ein Umbauplan des Amtstechniker Hans Batzner aus Ebern sah den Einbau eines größeren Saales im Erdgeschoss vor, indem die Zwischenwände der vorher als Wohnung genutzten Räume entfernt werden sollten. In einer ersten Zusammenkunft des Stiftungsrates (24.06.1906) wurde beschlossen, für das kommende Bauprojekt einen Fond zu errichten und die Wohnräume zunächst zu vermieten. „Erst wenn ausreichend Kapital erwirtschaftet wäre, könne man einen laufenden Betrieb des Kinderheimes finanzieren“. Die Genehmigung vom Innenministerium erfolgte am 3. September 1906.

Aus einem Briefwechsel von 1909 geht hervor, dass ein anderer Bruder von Emanuel bereits seit 1907 die Errichtung des Kinderheimes vorantreiben wollte. Ein Neubau der geforderten Räume konnte aufgrund des zu geringen Vermögens leider noch nicht durchgeführt werden. Selbst als Dr. L. Walter aus Frankfurt weitere 2.000 Mark in Aussicht stellte, war der eigentliche Betrieb eines Heimes, mit Aufsichtskräften und Einrichtung, noch lange nicht finanziell gesichert. Die Beratung des Verwaltungsrates im Januar 1914 ergaben den Beschluss zu einer weiteren finanziellen Mehrung des Stammkapitals.

Erst im Oktober 1918 schloss man mit den Schwestern von der Kongregation der Dienerinnen der Heiligen Kindheit Jesu aus Würzburg-Oberzell einen Vertrag, dass sie die Betreuung der Kinder im Vorschulalter übernehmen würden.  Man beantragte eine vorläufige Genehmigung des Kinderheimbetriebes, welcher anscheinend von April bis Oktober 1919 bereits aufgenommen wurde, zunächst in der Neuen Schule. Es dauerte allerdings noch bis Herbst 1929, als man das bestehende Hinterhaus in zwei Säle umbaute.

Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten musste die Stiftung ab dem 23. Januar 1942 die Namen der Juden „Nathan und Rosa Walter“ aus ihrer Bezeichnung streichen, konnten sie aber am 10. April 1948 wieder zurückerhalten.

1955 errichtete man auf einem Teil des Stiftungsgrundes das erste Rathaus der Gemeinde Reckendorf und die Schwestern zogen in das dortige Obergeschoss um. Am Gebäude des Kindergartens selbst wurde 1965 ein Liegehallenanbau vorgenommen. Aus dieser Zeit stammte auch die Inschrift 1928 – „Den Kindern ein Heim“ – 1965 und vermutlich auch der schmiedeeiserne Schutzengel an der östlichen Giebelwand.

Als sich die Oberzeller Schwestern zum 1. Dezember 1974 aus Altersgründen zurückzogen, musste für den weiteren Unterhalt der Institution ein Kindergartenverein e.V. in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband in Würzburg gegründet werden, um den sozialen Betrieb weiter zu gewährleisten. Ab 1977 beantragte der Verein einen Neubau des Kindergarten an dieser oder anderen Stelle. Träger jenes Projektes wurde von 1980 an die Katholische Kirchenstiftung. Die Gemeinde erwarb 1982 ein entsprechendes Grundstück am nordwestlich gelegenen Neuen Sportzentrum. Am 29. Juni 1986 konnte endlich das neue Gebäude bezogen werden, am 9. Juli 1995 erfolgte die Einweihung des Anbaus.

Text und Zusammenstellung: Adelheid Waschka, M.A., Archivarin & Kunsthistorikerin, Hallstadt

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